Rechtliche Betreuung für Menschen mit geistiger oder seelischer Behinderung. Beratung und Schulung von Angehörigen und Ehrenamtlichen.
Rechtliche Betreuung ist Hilfe für Erwachsene, die ihre rechtlichen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht (mehr) selbst erledigen können. Wurde keine Vorsorgevollmacht erteilt, kann das zuständige Betreuungsgericht eine*n rechtliche*n Betreuer*in bestellen. Aufgabe der rechtlichen Betreuer*innen ist es, Menschen mit psychischen Krankheiten oder einem körperlichen, geistigen oder seelischen Handicap zu vertreten und zu unterstützen. Im Mittelpunkt stehen stets die Wünsche und der Wille der betreuten Person. Diese gilt es wahrzunehmen und ihre Interessen in verschiedenen Bereichen zu vertreten.
Vermögensangelegenheiten, z. B. Prüfung und Durchsetzung von Ansprüchen
Gesundheitssorge, z. B. Beauftragung von Pflegediensten
Wohnungsangelegenheiten, z. B. Prüfung von Mietverträgen
Wir – der Betreuungsverein Rhein-Sieg-Kreis – behandelt alle Betreuten ungleich. Kein Leben gleicht dem anderen und so vielfältig, wie die Wünsche und Lebensentwürfe sind, so vielfältig müssen auch die Lösungen für Probleme aussehen. Durch regelmäßige Fallbesprechungen in unserem multiprofessionellen Team gelingt es uns, vielseitige Perspektiven in individuelle Lösungsansätze einzubringen. Unser Ziel ist die Unterstützung bei der Gestaltung eines möglichst selbstbestimmten Lebens.
Haben Sie selbst die Betreuung für ein Familienmitglied oder einen nahestehenden Menschen übernommen? Sind Sie als Betreuer*in in einer Betreuungsverfügung vorgemerkt? Haben Sie Interesse, sich ehrenamtlich in der Betreuung zu engagieren? Oder möchten Sie sich informieren, was ein Ehrenamt in der Betreuung bedeutet? Dann sprechen Sie uns an! Gerne vermitteln wir bei der Übernahme von ehrenamtlichen Betreuungen, stellen Kontakt zum Gericht oder zur Betreuungsbehörde her, unterstützen Sie in der Führung einer Betreuung und stehen Ihnen bei vielen Fragen aus dem Betreuungsalltag zur Seite. In persönlichen Gesprächen nehmen wir uns Zeit für Ihr Anliegen. In Kooperation mit den Betreuungsvereinen in der Region bieten wir zudem zertifizierte Schulungen für ehrenamtliche Betreuer*innen an.
Ob beispielsweise durch einen Unfall oder im Alter, jeder Mensch kann in die Situation kommen, seine rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr regeln zu können. Damit die eigenen Wünsche und Vorstellungen trotzdem umgesetzt werden, empfiehlt es sich, Vorsorge zu treffen. Vollmachten und Verfügungen können hierzu ein gutes Mittel sein. Der Betreuungsverein Rhein-Sieg-Kreis berät Sie sowohl bei der Erstellung von Vollmachten als auch bei der richtigen Ausübung einer Ihnen erteilten Vollmacht.
Der Leitgedanke des Betreuungsrechts wird von uns gelebt. Ihre Wünsche und Ihr Wille stehen im Zentrum allen Handelns. Ziel ist es, größtmögliche Autonomie zu erhalten oder wiederherzustellen.
Wir helfen Ihnen, Ihre eigenen Entscheidungen treffen können. Dabei versuchen wir Ihnen alles zu geben, was Sie zur Entscheidungsfindung benötigen. Sollte ein Mensch selbst nicht mehr entscheiden können, orientieren wir uns immer am mutmaßlichen Willen der jeweiligen Person.
Wir sind an Ihrer Seite und finden gemeinsam die richtigen Lösungen für Sie. Alle Maßnahmen werden mit Ihnen besprochen, keine Entscheidung wird ohne Ihre Einwilligung gefällt.
Wir setzen uns für Sie ein, möglichst lange und möglichst selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
Oft treffen wir in unseren Beratungen auf ganz ähnliche Fragen rund um die rechtliche Betreuung. Die häufigsten allgemeinen Fragen, die uns gestellt werden, haben wir hier zusammengestellt.
Die Antworten dienen nur einer ersten Orientierung und können keine ausführliche Beratung ersetzen. Jeder Einzelfall ist anders gelagert. Wenn Sie konkrete Fragen haben, für Sie eine rechtliche Betreuung in Frage kommt oder Sie eine Betreuung übernehmen möchten, sprechen Sie uns gerne an oder nehmen Sie Kontakt zur zuständigen Betreuungsbehörde auf!
Wenn ein volljähriger Mensch aufgrund von Krankheit oder Behinderung seine rechtlichen Angelegenheiten nicht erledigen kann, kann nach § 1814 BGB ein*e rechtliche*r Betreuer*in bestellt werden. Das Vorliegen der Erkrankung oder Behinderung wird in der Regel durch ein fachärztliches Attest oder ein vom Gericht beauftragtes Gutachten nachgewiesen. Neben psychischen Erkrankungen wie Psychosen, Persönlichkeitsstörungen oder Depressionen können geistige Beeinträchtigungen (Intelligenzdefekte), seelische Beeinträchtigungen (z.B. Demenz, Korsakow-Syndrom) oder körperliche Beeinträchtigungen (z.B. Taubblindheit) eine Betreuung erforderlich werden lassen.
Eine Betreuung darf nach § 1814 Abs. 3 S. 1 BGB nur angeordnet werden, wenn dies erforderlich ist. Eine Betreuung kann daher vermieden werden, indem für andere Hilfen zur Unterstützung und Vertretung gesorgt wird. Das bekannteste Mittel zur Vermeidung der Betreuung ist eine Bevollmächtigung (z.B. durch eine Vorsorgevollmacht). Ebenso kann durch ein gutes Hilfenetzwerk (z.B. ambulant betreutes Wohnen) die Einrichtung einer Betreuung in vielen Fällen vermieden werden.
Nach § 1814 BGB darf eine Betreuung nicht gegen den freien Willen eines Volljährigen bestellt werden. Gegen den (natürlichen) Willen darf eine Betreuung daher nur angeordnet werden, wenn jemand nicht imstande ist, seinen Willen unbeeinflusst von der Krankheit oder Behinderung zu bilden und nach zutreffend gewonnenen Einsichten zu handeln. Eine fehlende Willensfreiheit kann beispielsweise in Zusammenhang mit dementiellen oder psychotischen Erkrankungen auftreten, wenn jemand überhaupt nicht mehr versteht, was eine Betreuung ist.
Eine Betreuung darf nur solange angeordnet werden, wie sie erforderlich ist. Ein*e Betreuer*in soll darauf hinarbeiten, sich selbst überflüssig zu machen. Zudem muss die Betreuung regelmäßig überprüft werden. Bei der Anordnung der Betreuung legt das Gericht nach § 295 Abs. 2 FamFG den nächsten Überprüfungszeitraum (längstens 7 Jahre) fest. Sollte eine Betreuung bereits innerhalb des Überprüfungszeitraums überflüssig werden, kann die Betreuung auch früher aufgehoben werden. Der betreute Mensch kann jederzeit einen Antrag auf Aufhebung der Betreuung stellen.
Der zu betreuende Mensch kann eine*n Betreuer*in vorschlagen. Dem Wunsch hat das Gericht nach § 1816 Abs. 2 S. 1 BGB grundsätzlich zu entsprechen. Ebenso kann ein*e Betreuer*in abgelehnt werden. Wenn niemand vorgeschlagen wird, sucht in der Regel die zuständige Betreuungsbehörde eine*n passende*n Betreuer*in. Häufig werden zunächst Angehörige gefragt, ob sie die Betreuung ehrenamtlich übernehmen können. Nachrangig schlägt die Betreuungsbehörde beruflich tätige Betreuer*innen z.B. aus einem Betreuungsverein vor. Vor der Bestellung erfolgt in der Regel ein Kennenlernen.
Grundsätzlich wird die eigene Handlungsfähigkeit durch die Anordnung einer Betreuung nicht eingeschränkt. Der betreute Mensch und sein*e Betreuer*in können gleichberechtigt nebeneinander handeln. Der betreute Mensch trifft seine Entscheidungen selbst und teilt sich auch sein Geld selbst ein. Die häufigste Ausnahme vom Grundsatz kann sich aus der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts nach § 1825 BGB ergeben. Ist ein Einwilligungsvorbehalt für einen Aufgabenbereich angeordnet, hängt die Wirksamkeit einer Willenserklärung von der Zustimmung des Betreuers bzw. der Betreuerin ab. Beispielsweise ist ein Kaufvertrag dann nur wirksam, wenn der bzw. die Betreuer*in zustimmt. Ein Einwilligungsvorbehalt darf nur zum Schutz vor erheblichen Gefahren für den betreuten Menschen angeordnet werden, beispielsweise wenn aufgrund einer manischen Episode oder im Fall von Demenz Geld nicht mehr zur Sicherung der Grundbedürfnisse eingeteilt werden kann.
Grundsätzlich hat ein*e Betreuer*in nach § 1821 Abs. 2 und 3 BGB den Wünschen des betreuten Menschen zu entsprechen. Der Betreuer soll so handeln, dass der betreute Mensch im Rahmen seiner Möglichkeiten sein Leben nach seinen Wünschen gestalten kann. Eine erhebliche Selbstgefährdung hat der bzw. die Betreuer*in nicht zu unterstützen. Wenn sich die Wünsche (z.B. im Falle eines Komas) nicht feststellen lassen, müssen die mutmaßlichen Wünsche ermittelt und berücksichtigt werden.
Eine Betreuung ist für den betreuten Menschen kostenpflichtig, wenn dieser sich die Betreuung leisten kann. Dies ist regelhaft gegeben, wenn ein Vermögen von mehr als 10.000 € besteht oder das Einkommen hoch genug ausfällt. Die Kosten der Betreuung betragen abhängig von verschiedenen Faktoren 62,00 bis 486,00 € pro Monat. Hinzu können Kosten für das Gerichtsverfahren kommen.
Grundsätzlich kann jede*r ehrenamtliche*r Betreuer*in werden, wenn die Eignung als Betreuer*in festgestellt ist. Häufig kommen ehrenamtliche Betreuer*innen aus dem Kreis der Angehörigen oder aus dem persönlichen Umfeld des betreuten Menschen. Die Eignung von ehrenamtlichen Betreuer*innen wird durch die Betreuungsbehörde festgestellt. Hierzu sind beispielsweise ein Auszug aus dem Schuldenregister sowie ein polizeiliches Führungszeugnis erforderlich. Ehrenamtlich Betreuer*innen haben Anspruch auf Begleitung und Unterstützung durch Betreuungsvereine. In der Regel bieten Betreuungsvereine auch kostenlose Fortbildungsveranstaltungen und Zertifikatskurse zum Nachweis der erforderlichen Kenntnisse an. Sie haben Interesse an der Tätigkeit als ehrenamtliche*r Betreuer*in? Sprechen Sie uns gerne an!
Jede*r Volljährige kann für sich eine rechtliche Betreuung beim zuständigen Amtsgericht beantragen. Die Beantragung ist formlos möglich, ein einfacher Brief oder Anruf genügt. Es empfiehlt sich dennoch, den von der Justiz zur Verfügung gestellten Vordruck zu verwenden, da durch die abgefragten Daten etwaige Rückfragen verringert und das Verfahren somit beschleunigt werden können. Einen entsprechenden Vordruck finden Sie in der Regel auf der Homepage des für Sie zuständigen Amtsgerichts. Es ist ebenfalls möglich, eine Betreuung für eine andere Person anzuregen, die selbst keine Antragstellung mehr wahrnehmen kann. Beispielsweise können sich Angehörige, Freunde, Pflegedienste oder Krankenhäuser an das Gericht wenden. Die Anregung erfolgt ebenfalls formlos oder mithilfe des Formulars der Justiz.
Wenn das Gericht Kenntnis vom möglichen Betreuungsbedarf erhalten hat, eröffnet es das Verfahren. Sofern noch kein ärztliches Attest über die Krankheit bzw. Beeinträchtigung vorliegt, wird ein Gutachten beauftragt. Der bzw. die Gutachter*in nimmt Kontakt auf und äußert sich neben der Frage nach der Anlasserkrankung auch zum empfohlenen Umfang der Betreuung und zum empfohlenen Zeitraum. Parallel wird die Betreuungsbehörde beauftragt, ein Sozialgutachten zu erstellen. Der bzw. die Mitarbeiter*in der Behörde nimmt Kontakt auf und äußert sich zu den zu erledigenden Aufgaben. Wenn kein Betreuer*innenwunsch geäußert wurde, sucht die Behörde eine geeignete Person. Unter bestimmten Voraussetzungen wird zusätzlich ein*e Verfahrenspfleger*in beauftragt, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten im Sinne des zu betreuenden Menschen handeln. Dann erfolgt eine Anhörung durch das Gericht, die auch in der Wohnung des betreuten Menschen oder an einem anderen Ort erfolgen kann, wenn jemand nicht im Gericht erscheinen kann. Nach der Anhörung erfolgt die Bestellung. Der Zeitablauf von der Anregung bzw. Beantragung der Betreuung bis zu ihrer Anordnung kann im Einzelfall mehrere Wochen dauern, daher empfiehlt es sich, frühzeitig zu handeln. In Eilfällen kann im Wege einer einstweiligen Anordnung ein*e vorläufige Betreuer*in bestellt werden.